Schwerelose Maschinenmusik
Die gelbe Latexschürze lässt alles Aussen abperlen, die Schutzbrille aus Hartkunststoff verschwimmt mein Blickfeld, Gummistiefel und -Handschuhe, elektrische Stäbe in den Händen – die Konzentration gebietet den Tönen. Die Ohren bedeckt mit einem massiven Kopfhörer, noch das feinste Detail verstärkend.
Eine Rekonstruktion der Umgebung, am Lötblech, mit Zinn und der Heißklebepistole. Eine Montage auf Sperrholz, Isolierband, vier Rollen, vier Farben, fixieren die Leitungsbahnen. Das Britzeln des offenen Kabels öffnet den Raum, ein kalter Kurzschluss in Wiederholung wird HiHat, der Stecker lässt sich nicht mehr ziehen.
Ein leichter Druck auf die Klinke, schiebt mich hinaus, schließt die Tür, in Wiederholung, ein leichter Druck auf die Klinke, schiebt mich hinaus, schließt die Tür, wird zum Rhythmus, wandelt mich in Beobachter*in, in Zuhörer*in. Mein Raum umschliesst den anderen ganz, eine schwebende Zelle, transparent von allen Seiten, kein Oben kein Unten. Ich wandle an den Wänden, durch Plexiglas seh ich die Instrumente, hör' ich ihr Spiel, sie inszenieren mein Aussen. Ich blicke hinaus ins Musikzimmer, es umschliesst meinen Raum von allen Seiten.
Ich bewege mich langsam, mein Blickfeld ist verschwommen, mein Hören umso konzentrierter, feinste Details umtanzen meinen Ohren, bilden Melodien, schichten sich zu Wolken ziehen vorbei, bilden das Bild einer Stadt entsteht, ein Blatt fällt von einem Baum wiegt sich, im Wind, eine Antenne, ein weißer Kran, ein Schwan, eine Sirene, ein Satellit. Ein Hubschrauber zieht langsam über den bunten Flickenteppich. Er wirft einen Schatten, ein verdunkelnder kreisender Fleck, zieht sich schnell zusammen, dehnt sich dann, wird größer, kein Laut, kurze Bedrohung, ich hebe einfach den Blick, über ihm, in weiten Höhen, kreuzen sich majestätisch Bahnen. Alles wird leicht. Airchina.
Credits
Text: Andreas Reihse
Bild: Luis Nelson